individuelle Projekte – WP3: Neuroimmunologie

Projekt 3.1. – Untersuchung der potenziellen Immunpathogenese eines familiären Schlüsselgens der Parkinson-Erkrankung 

EINFÜHRUNG

Die Parkinson-Erkrankung (Parkinson’s disease, PD) ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Viele der wesentlichen familiären PD-Gene weisen eine gemeinsame Rolle in der zellautonomen Regulation von Mitochondrienfunktionen und dem Überleben von dopaminergen (DA-)Neuronen auf. Die genauen molekularen Mechanismen, die der Pathogenese von PD zugrunde liegen, entziehen sind allerdings noch weitgehend unserem Verständnis. Nachdem vor Kurzem ein funktionales lymphatisches System in der Hirnhaut entdeckt wurde (Louveau et al., 2015), wird zunehmend erkannt, dass peripheren Immunzellen zu wenig Beachtung bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen geschenkt wurde. Unser unveröffentlichter Datensatz (Danileviciute et al, 2019, Biorxiv) zeigt, dass ein wichtiges familiäres PD-Gen entscheidend für die Modulierung der peripheren Immunsysteme sowohl bei Mäusen als auch Patienten mit einem Defekt in diesem Gen sind. Wir wollen hier untersuchen, inwiefern dieses spezifische Gen mittels adaptiver Immunität (AI) zur Pathogenese von PD beiträgt. Dies könnte, wenn wir Erfolg haben, als Vorbild für weitere Gene mit Bezug zu PD dienen und neue Perspektiven für PD-Therapien eröffnen. 

ZIEL UND HYPOTHESE 

Wie oben erläutert, argumentieren wir, dass das beobachtete fehlregulierte Immunsystem sowohl bei Knockout-Mäusen als auch bei Patienten mit genetisch bedingter PD zur Pathogenese von PD beitragen könnte, und folglich beabsichtigen wir, seine potenzielle ursächliche Rolle in der PD-Pathogenese zu untersuchen. 

METHODEN

Wir werden mit verschiedenen konditionalen Knockout-Linien sowohl in Immununtergruppen als auch in DA-Neuronen arbeiten, um den pathogenen Beitrag der AI von den autonomen Effekten von DA-Neuronen zu unterscheiden. In den Mausmodellen werden wir nicht nur die Zellularität und die Funktionen von verschiedenen Immununtergruppen analysieren, sondern auch verschiedene PD-bezogene neurologische Phänotypen wie beispielsweise potenzielle motorische Beeinträchtigungen, Veränderungen in TH-positiven Zellen unter DA-Neuronen und weitere. Außerdem werden wir von Patienten abgeleitete iPSC-basierte Modelle verwenden, um an ihnen den Effekt des relevanten Gens zu untersuchen. 

Rejko
Kruger
Feng
He

Projekt 3.2. – Mikroglia-Programme bei PARK7/DJ-1-Mangel, eine genetische Ursache der Parkinson-Erkrankung 

EINFÜHRUNG 

Der Verlust der DJ-1-Funktion wird mit dem autosomal-rezessiven frühzeitigen Auftreten der Parkinson-Erkrankung (Parkinson’s disease, PD) in Verbindung gebracht. DJ-1 wird überall im Zentralnervensystem (ZNS) exprimiert und fungiert als für die Neuroprotektion entscheidender intrazellulärer Redoxsensor (Cookson, 2010). Wenn funktionsfähiges DJ-1 fehlt, sind die nigrostriatalen dopaminerzeugenden Funktionen gestört (Goldberg et al., 2005). Inwieweit der Verlust von DJ-1 in vivo die Funktion der Mikroglia verändert, wird bislang nur ansatzweise verstanden. 

Unsere vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Mikroglia in DJ-1-KO-Mäusen spezifische transkriptionelle Programme aufweisen, die sich von WT-Mäusen (Wildtyp) mit und ohne Immunaktivierung unterscheiden. 

ZIEL UND HYPOTHESE 

Unser Ziel ist es, die transkriptionellen Programme und die immunologische Aktivität der Mikroglia in Umgebungen mit DJ-1-Mangel unter homöstatischen und entzündlichen Bedingungen zu charakterisieren. Auf der Grundlage unserer vorläufigen Ergebnisse stellen wir die Hypothese auf, dass der mit einem DJ-1-Mangel assoziierte chronisch aktivierte/alarmierte Zustand der Mikroglia zum Entstehen und Fortschreiten von PD beitragen könnte. 

METHODEN 

Wir werden die DJ-1-KO-Maus (Pham et al., 2010) und induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs) von PD-Patienten mit DJ-1-Mangel nutzen. Wir werden Mikroglia aus Mausgehirnen mittels fluoreszenzaktivierter Zellsortierung (FACS) isolieren (Sousa et al., 2018) und Mikroglia aus iPSCs (Haenseler und Rajendran, 2019) ableiten, um transkriptionelle und funktionelle Analysen (z. B. mitochondrialer Phänotyp in dopaminergen Neuronen, Erstellung von Stoffwechselprofilen und Stressreaktion) bei Einzelzellenauflösung durchzuführen. Insbesondere wird die Verwendung der aus iPSC abgeleiteten Mikroglia den Weg für künftige Wirkstoff-Screenings ebnen, um homöostatische Mikroglia-Phänotypen bei PD-Patienten wiederherzustellen. 

Alessandro
Michelucci

Projekt 3.3. – Analyse von Entzündungssignalwegen in Mikroglia, abgeleitet von Patienten mit genetischer Parkinson-Erkrankung 

EINFÜHRUNG

Vor Kurzem wurden mehrere genetische Formen der Parkinson-Erkrankung (Parkinson’s disease, PD) mit neuroentzündlichen Prozessen in Verbindung gebracht (Grunewald et al., 2019). Es wurde gezeigt, dass von Mitochondrien abgeleitete schadensassoziierte molekulare Muster, beispielsweise reaktive Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS) oder zirkulierende zellfreie mitochondriale DNA (circulating cell-free mitochondrial DNA, ccf-mtDNA), den cGAS–STING-Signalweg stimulieren (Sliter et al., 2018) oder direkt die Bildung des Inflammasoms NLRP3 in Gang setzen (Wei et al., 2019). Beide Prozesse vermitteln die Reifung entzündlicher Zytokine (Labzin et al., 2018). Unsere vorläufigen Analysen in Serum von PINK1-PD- und Parkin-PD-Patienten liefern eine Evidenzbasis für einen Zusammenhang zwischen Genotyp, Erkrankungsstatus, ccf-mtDNA-Werten und IL6-Konzentrationen. Sequenzierungsanalysen von aus Blut abgeleiteter mtDNA haben zusätzlich eine Verbindung zwischen einer intrazellulären mtDNA-Schädigung und der Freisetzung von Zytokinen bei diesen Patienten gezeigt.  

In ähnlicher Weise haben wir bei der Bewertung der mtDNA-Integrität in Trägern von nichtmanifestierenden und manifestierenden LRRK2-Mutationen eine Häufung somatischer Deletionen am großen Bogen (major arc) in der letztgenannten Gruppe gefunden (Ouzren et al., 2019). Diese Daten stützen zwar die Vermutung, dass die cGAS–STING- und NLRP3-Signaltransduktion bei PD eine Rolle spielt, derzeit fehlt aber noch der Nachweis mit von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) abgeleiteten Neuronen und Gliazellen. Zudem ist nach wie vor nicht klar, ob die Aktivierung entzündungsfördernder Signalwege ein spezifisches Phänomen von PINK1-, Parkin- und LRRK2-assoziierter PD ist. 

ZIEL UND HYPOTHESE 

Wir stellen die Hypothese auf, dass Entzündungssignale die Verbindung zwischen mitochondrialer Dysfunktion und Neurodegeneration bei PD bilden und dass auf diesen molekularen Zusammenhang gezielt mit personalisierten entzündungshemmenden Behandlungskonzepten eingewirkt werden kann. Zur Untersuchung unserer Hypothese haben wir die folgenden Ziele für dieses Promotionsprojekt definiert: (i) Durchführen einer mitochondrialen Phänotypisierung und (ii) Bewerten der Inflammasom-Signaltransduktion cGAS–STING und NLRP3 in der Mikroglia von Trägern der Mutationen in Parkin, PINK1 und LRRK2. (iii) Erweitern dieser Arbeit auf die Mikroglia von Patienten mit Mutationen im ROS-Fänger (Scavenger) DJ-1. (iv) Schließlich werden wir diese neu entwickelten Mikrogliamodelle für ein Screening entzündungshemmender Verbindungen verwenden, die möglicherweise die cGAS–STING- oder NLRP3-Signaltransduktion stören und die Freisetzung von Zytokinen verringern. 

METHODEN

Die Experimente werden die Erzeugung mikrogliaähnlicher Zellen aus humanen iPSCs sowie Transkriptomik- und Proteomik-Analysen relevanter entzündlicher Zielstrukturen mittels RNAseq, Western Blotting und ELISA umfassen. Zusätzlich werden wir zur Bestimmung von Zellaktivierung und -viabilität mit konfokaler Mikroskopie und fortschrittlichen automatisierten Bildanalysetechniken arbeiten. Das Screening von entzündungshemmenden Wirkstoffen, die über eine FDA-Zulassung verfügen, wird auf einer automatisierten High-Content-/Hochdurchsatz-Plattform für iPSC-abgeleitete Zellmodelle durchgeführt werden. 

Anne
Grünewald

Projekt 3.4. – Entwicklung niedermolekularer Verbindungen zur gezielten Einwirkung auf veränderte Autophagie bei Parkinson-spezifischer Mikroglia 

Für dieses Projekt suchen wir Bewerber mit Kenntnissen in Biologie/Immunologie oder b) Computerwissenschaft/Bioinformatik. Das Projekt wir entsprechend dem Hintergrund der Bewerber angepasst. 

EINFÜHRUNG 

Die Parkinson-Erkrankung (Parkinson’s disease, PD) ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Störung. Obwohl inzwischen weithin anerkannt ist, dass es sich bei PD um eine komplexe Störung von „Systemen“ handelt, ist das Hauptmerkmal der Erkrankung die Degeneration dopaminerger Neuronen in der Substantia nigra des Mittelhirns. Infolge dieser Degeneration nehmen die Werte der im Striatum freigesetzten Neurotransmitter ab. Ein wesentliches neuropathologisches Merkmal von PD ist außerdem das Auftreten der sogenannten Lewy-Pathologie. Klinisch ist PD durch motorische Symptome wie Steifheit, Langsamkeit von Bewegungsabläufen (Bradykinese), Zittern und die Störung der aufrechten Körperhaltung (posturale Instabilität) gekennzeichnet. Diesen motorischen Symptomen gehen oft nichtmotorische Symptome wie Kleinwuchs, Verstopfung, Schlafstörungen und Depressionen voraus. Mikroglia wurden bereits als kritisch für die Pathogenese von PD beschrieben. Mikrogliazellen sind die angeborenen Immunzellen des Gehirns. Im Fall von Infektionen spielen sie eine entscheidende Rolle als erste Verteidigungslinie des Zentralnervensystems (ZNS), aber ihnen kommt auch eine physiologische Rolle bei der synaptischen Homöostase, ihrer Erhaltung und Funktionsweise zu. Darüber hinaus können sie zerstörerische (entzündungsfördernder Phänotyp) und/oder positive (reparaturfördernder Phänotyp) Effekte bei verschiedenen Hirnstörungen haben. Vor Kurzem wurden Protokolle beschrieben, welche die Ableitung von Mikroglia aus menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) darstellen. 

ZIEL UND HYPOTHESE 

Wir stellen die Hypothese auf, dass eine Fehlregulation der Autophagie in den für PD-Patienten spezifischen Mikroglia zu deren schädigender Aktivität beim Fortschreiten der Erkrankung beiträgt. Unser Ziel ist daher, Mikroglia aus iPSCs von Patienten aus der NCER-PD-Kohorte abzuleiten. In diesem Zusammenhang wären insbesondere Patienten mit einem Immunphänotyp (z. B. erhöhte Werte bestimmter Interleukine) von Interesse. Dieses Projekt ist Teil einer größeren Initiative in unserem Labor. Um bei ihnen Autophagie zu analysieren, werden von iPSC abgeleitete Mikroglia mittels CRISPR/Cas9-Techniken mit fluoreszierenden Autophagie-Reportern ausgestattet. Dabei ist wichtig, dass diese Reporter für High-Content-Bildgebung und -Screening geeignet sind. Wir werden infolgedessen dieses System nutzen, um ein Screening unserer Bibliothek verfügbarer natürlicher Verbindungen auf die Verbindungen durchzuführen, mit denen Autophagie in PD-spezifischen Mikrogliazellen gezielt beeinflusst werden kann. Nach der Identifizierung aktiver Verbindungen werden diese schließlich in einer nächsten Generation von Mikroglia enthaltenden, PD-Patienten-spezifischen Gehirnorganoiden validiert . Das Projekt soll in enger Zusammenarbeit mit der Initiative NCER-PD durchgeführt werden, und die klinischen Daten aus der Kohorte werden die Grundlage für die Auswahl der Patienten bilden (Kooperation mit R. Krüger).  

Je nach spezifischem Hintergrund soll der Doktorand/die Doktorandin in diesem Projekt entweder beitragen a) zur Erzeugung von Mikroglia und deren Phänotypisierung; oder b) zur rechnergestützten High-Content-Analyse von Mikroskopiebildern mit Ansätzen der künstlichen Intelligenz. 

METHODEN

Hintergrund Zellbiologie / Immunologie: 

(i) iPSC-Technologie, (ii) Differenzierung in Mikroglia und Gehirnorganoiden und (iii) High-Content-Bildgebung und Screening von Verbindungen. 

Hintergrund Computerwissenschaft / Bioinformatik: 

(i) Bildanalyse / Merkmalextraktion, (ii) KI-Ansätze für Bildmerkmalanalyse und (iii) Korrelation von Bilddaten mit anderen Datensätzen (z. B. Transkriptomik oder Metabolomik). 

Jens
Schwamborn

Projekt 3.5. – Mikrobiom-abgeleitete immunogene Moleküle und ihre Rolle in der Parkinson-Erkrankung 

EINFÜHRUNG

Das menschliche Darmmikrobiom ist ein komplexes Ökosystem, das wesentliche Funktionen zur Physiologie des Menschen beisteuert. Veränderungen des Mikrobioms werden mit mehreren chronischen, durch eine Entzündung charakterisierten Krankheiten, darunter auch Parkinson, in Verbindung gebracht. Vom Mikrobiom abgeleitete Effektormoleküle, zu denen Nukleinsäuren, (Poly)peptide und Metaboliten gehören, sind in großen Mengen im Darm vorhanden, haben sich bislang aber einer systematischen Untersuchung entzogen. Diese Wissenslücke schränkt das mechanistische Verständnis der funktionellen Bedeutung des Mikrobioms für die Parkinson-Erkrankung ein, insbesondere in Bezug darauf, wie diese Moleküle mit höheren Werten von zirkulierenden entzündlichen Zytokinen (TNF-alpha, IL-1, IL-6, IFN-gamma), Chemokinen (CXCL2, CXCL8, CXCL10) und Entzündungsmarkern [LPS-bindendes Protein, C-reaktives Protein] zusammenhängen. 

ZIEL UND HYPOTHESE 

Ziel des Projekts ist es, den vom Mikrobiom abgeleiteten Molekülkomplex im Darm und dessen Bedeutung für das menschliche Immunsystem im Kontext der Parkinson-Erkrankung zu erklären. Dem Projekt liegt die Hypothese zugrunde, dass vom Darmmikrobiom abgeleitete Moleküle Signalwege der angeborenen und adaptiven Immunität stimulieren, welche die Parkinson-Erkrankung auslösen und/oder zu ihr beitragen. 

METHODEN

Das Projekt umfasst die Erzeugung, Integration und Analyse von quantitativen, integrierten Multi-Omik-Daten von extrazellulären Biomolekülen aus Mikrobiom-Proben, die von gesunden Personen sowie Patienten mit neu diagnostizierter Parkinson-Erkrankung gewonnen wurden. Genauer gesagt sollen die Daten unter Verwendung einer neu entwickelten Wissensdatenbank (http://expobiome.lcsb.uni.lu) integriert und analysiert werden. Mithilfe von kontextualisiertem Vorwissen und Methoden des maschinellen Lernens wird das Projekt mikrobielle Moleküle identifizieren, die mit Parkinson-spezifischen Immunphänotypen in Verbindung stehen. 

Paul
Wilmes