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LIH-gefertigter Wirkstoff führt zur Entdeckung der Funktionsweise von Arzneimittelwirkstoffen

LIH383 unterstützt die Aufklärung des Schlüsselmechanismus in primären Arzneimittelziel

15 Juli 2022 4minuten

Das Molekül LIH383 des Luxembourg Institute of Health (LIH), das ursprünglich zur Schmerzbekämpfung entwickelt wurde, dient dazu, G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs) gezielt zu beeinflussen, um deren Funktionsweise zu verstehen. GPCRs sind Angriffspunkte für mehr als ein Drittel der zugelassenen Arzneimittel. Die von der University of Wisconsin geleitete Studie hat bisher unbekannte Mechanismen für diese Rezeptorklasse aufgedeckt und damit neue Wege für die Entwicklung gezielterer Therapien eröffnet.


G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs) befinden sich auf der Oberfläche von Zellen. Ihre Hauptfunktion besteht darin, Moleküle, die in ihrer Umgebung zirkulieren, aufzuspüren, zu binden und je nach Molekül die entsprechende „Botschaft“ an das Innere der Zellen weiterzuleiten. Durch Bindung an GPCRs können Moleküle die Zellen dazu veranlassen, alle möglichen Prozesse in Gang zu setzen. GPCRs sind unter anderem für die Regulierung des Seh-, Geschmacks- und Geruchssinns, des Blutdrucks, der Herzfrequenz, der Verdauung und des reibungslosen Funktionierens des Immunsystems verantwortlich.

β-Arrestine sind eine Art von Protein, das sich im Inneren von Zellen befindet. Wie ihr Name vermuten lässt, können sie sich an GPCRs binden und deren Aktivität „festhalten“ oder „blockieren“, wodurch das von außen aktivierte Signal gestoppt oder reguliert wird. Lange Zeit dachte man, dass dies die einzige Funktion der β-Arrestine sei; vor kurzem wurde jedoch festgestellt, dass sie auch Signalwege kontrollieren können, die unabhängig von G-Proteinen sind. Neue Erkenntnisse haben auch gezeigt, dass einige GPCRs in der Lage sind, bevorzugt β-Arrestine zu aktivieren, um einen Weg selektiv zu regulieren und somit ein spezifisches funktionelles Ergebnis zu erzielen, abhängig von dem Molekül oder dem Liganden, das sie bindet. Da mehr als 30 % der von der US-amerikanischen Food & Drug Administration (FDA) zugelassenen Medikamente über GPCRs wirken, hat die Aufklärung der Frage, wie diese aktiv β-Arrestine mobilisieren können, um ihre zellulären Prozesse zu regulieren, wichtige Auswirkungen auf die Arzneimittelentwicklung. Um diesen Aspekt zu beleuchten, verwendete eine Gruppe von ForscherInnen des Medical College of Wisconsin eine Art von GPCR, die sich ausschließlich an β-Arrestine binden, die so genannten „atypischen Chemokinrezeptoren“ (ACKRs), bzw. genauer gesagt: ACKR3. Die WissenschaftlerInnen verwendeten dann das Leitmolekül LIH383 des LIH als Zielmolekül. Diese Verbindung, wurde ursprünglich von den LIH-ForscherInnen Dr. Andy Chevigné, Dr. Martyna Szpakowska und Max Meyrath aus dem Department of Infection and Immunity wegen ihrer selektiven Fähigkeit, ACKR3 zu binden, entwickelt..

Mithilfe der kernmagnetischen Resonanz und verstärkt durch Daten, die mit der LIH NanoLux-Plattform zur detaillierten Strukturanalyse generiert wurden, fand die Gruppe heraus, dass ACKR3 seine Konformation sowohl auf der „Außenseite“ (der Teil des Rezeptors, der aus der Zelle herausragt) als auch auf der „Innenseite“ (der Teil des Rezeptors, der intrazelluläre Signale vermittelt) ändern kann, um selektiv β-Arrestine zu binden und somit zelluläre funktionelle Reaktionen zu regulieren. Die Kooperation deckte somit bisher unbekannte Rezeptordynamiken auf und identifizierte die Schlüsselregionen, die für die strukturellen Veränderungen der GPCRs verantwortlich sind.

Diese Ergebnisse liefern nicht nur ein detaillierteres Verständnis der Funktionsweise von GPCRs, sondern auch neue Erkenntnisse darüber, wie sie durch kleine Arzneimittel reguliert werden,

so Martyna Szpakowska so von der Gruppe Immuno-Pharmacology and Interactomics des LIH.

GPCRs sind von entscheidender Bedeutung für Gesundheit und Krankheit und vor allem eines der wichtigsten Zielmoleküle in der Medizin. Wenn wir genau verstehen, wie sie funktionieren, können wir sie gezielter ansprechen und so wirksamere Medikamente entwickeln,

ergänzt Dr. Andy Chevigné zusammen.

Die richtungsweisende Studie unter der Leitung von Dr. Andrew B. Kleist, Shawn Jenjak und Prof. Brian F. Volkman vom Medical College of Wisconsin entstand in Zusammenarbeit mit der Gruppe Immuno-Pharmacology and Interactomics des LIH, dem britischen MRC Laboratory of Molecular Biology, der niederländischen Vrije Universiteit Amsterdam und dem amerikanischen St. Jude Children’s Research Hospital. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der angesehenen Fachzeitschrift Science unter dem vollständigen Titel vorgestellt: „Conformational selection guides β-arrestin recruitment at a biased G protein-coupled receptor“.

Über LIH383

LIH383 ist ein LIH-eigenes Molekül, das vom Team der Gruppe Immuno-Pharmakologie und Interactomics im Department of Infection and Immunity  im Rahmen der Arbeit zur Opioidregulierung im Jahr 2020 entwickelt und patentiert wurde (Meyrath et al. Nature Communications, 2020). Die Leitsubstanz ist in der Lage, sich spezifisch an einen atypischen Opioidrezeptor namens ACKR3 zu binden und ihn so daran zu hindern, natürlich sezernierte Opioide aufzunehmen und deren Verfügbarkeit im Gehirn zu erhöhen. Es wird erwartet, dass LIH383 zur Entwicklung einer neuen Klasse von Arzneimitteln gegen Schmerzen und Depressionen führen und eine neuartige und innovative therapeutische Strategie zur Bekämpfung der Opioidkrise bieten wird. Weitere Informationen finden Sie hier.

Scientific Contact

  • Andy
    Chevigne
    Group Leader, Immuno-Pharmacology and Interactomics

    Department of Infection and Immunity

    Contact

  • Martyna
    Szpakowska
    Immuno-Pharmacology and Interactomics

    Department of Infection and Immunity

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