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Pressemitteilung

Allergien, ein Verbündeter gegen Krebs?

Eine neue präklinische Studie an Mäusen zeigt, wie allergiebedingte Entzündungen dabei helfen können, das Fortschreiten von Hirntumoren zu bekämpfen.

15 November 2022 5minuten

Eine von der Neuro-Immunology group, der Allergy and Clinical Immunology group und dem NORLUX Neuro-Oncology Laboratoryam Luxembourg Institute of Health gemeinsam durchgeführte Studie hat herausgefunden, dass allergische Immunreaktionen bei Mäusen, denen Hirntumorzellen implantiert wurden, das Wachstum und Fortschreiten der Tumorzellen verhindern können, und bestätigt damit die bei PatientInnen festgestellten epidemiologischen Zusammenhänge. Diese im European Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlichte Erkenntnis beschreibt im Detail, wie eine allergische Entzündung die Immunzellen des Gehirns so umprogrammieren kann, dass sie sich besser gegen Tumore verteidigen können.


Das Glioblastom (GBM) ist eine äußerst aggressive Krebsart, die im Gehirn auftritt. Trotz der verschiedenen verfügbaren Krebsbehandlungen, einschließlich chirurgischer Eingriffe, Bestrahlung und Chemotherapie, ist diese hartnäckige Tumorart nach wie vor unheilbar. Erschwerend kommt hinzu, dass GBMs offenbar in der Lage sind, sich unserem Immunsystem zu entziehen. Während andere Krebsarten wie Melanome und bestimmte Arten von Lungenkrebs gut auf eine Immuntherapie ansprechen, sind GBMs äußerst resistent, und alle bisherigen Bemühungen in dieser Hinsicht sind gescheitert. Daher sind neue Ansätze erforderlich, um die Fähigkeit des Immunsystems zur Tumorbekämpfung auszuschöpfen und GBM-PatientInnen erfolgreich behandeln zu können.

Ein vielversprechender Ansatzpunkt für weiterführende Untersuchungen sind möglicherweise die zahlreichen epidemiologischen Studien bei Hirntumorpatienten, die einen negativen Zusammenhang zwischen Allergien und GBM festgestellt haben. Darüber hinaus gibt es immer mehr Belege dafür, dass allergische Entzündungen aktiv an der Krebsimmunität beteiligt sind, was sogar ein neues Forschungsgebiet namens „AllergoOnkologie“ hervorgebracht hat. Allerdings sind die Mechanismen, die dieser immun-protektiven allergischen Reaktion zugrunde liegen, bisher noch nicht gründlich erforscht worden.

Um dieses Wissensdefizit zu beheben, haben sich die Abteilung für Krebsforschung und die  Abteilung für Infektion und Immunität am Luxembourg Institute of Health (LIH) zusammengetan und ein Forschungsprojekt initiiert. Dank der einzigartigen Bündelung ihrer Kompetenzen konnte das Team unter der Leitung von Dr. Aurélie Poli von der Neuroimmunologie-Gruppe erfolgreich ein allergieinduziertes, den menschlichen Gegebenheiten nachempfundenes Mausmodell entwickeln, dem GBM-Zellen implantiert wurden, das die Beobachtungen aus den oben erwähnten PatientInnenstudien bestätigt.

Unsere Arbeit liefert ein präklinisches Modell, welches die langfristigen Beobachtungen beim Menschen widerspiegelt, wonach Allergien einen Schutz vor dem Fortschreiten von GBM bieten, sowie den Nachweis, dass allergische Entzündungen die antitumorale Immunität im Gehirn verstärken

erklärt Dr. Poli, Hauptautorin der Studie.

Das LIH-Mausmodell zeigt, dass Allergien die Immunzellen des Gehirns, die so genannten Mikroglia, dazu veranlassen, sich in einen aggressiveren Entzündungszustand umzuprogrammieren, um die implantierten GBM-Zellen zu bekämpfen und ihr Wachstum zu verhindern. Weitere Analysen des genetischen Profils dieser Zellen haben auch zur Identifizierung einer allergiebezogenen Gensignatur geführt, die mit einer verbesserten Prognose bei GBM-PatientInnen in Verbindung gebracht wird. Darüber hinaus wiesen die Mäuse, bei denen die Allergie ausgelöst wurde, auch einen Anstieg der Frontkämpfer des Immunsystems auf, welches die in den Tumor eindringenden T-Zellen sind. Mäuse, bei denen keine Allergie ausgelöst wurde, zeigten keine dieser Eigenschaften, und ihre Überlebensrate als Reaktion auf die implantierten Hirntumore war merklich geringer. „Diese Studie unterstreicht den entscheidenden Zusammenhang zwischen Allergien und Hirntumoren und bildet die Grundlage für weitere Untersuchungen zur schützenden Immunität gegen GBM“, so Prof. Markus Ollert, einer der leitenden Koautoren der Studie.  

„Unsere Erkenntnisse werden dazu beitragen, den Weg für die Entwicklung neuer Therapien gegen Mikroglia und deren Fähigkeit, das Immunsystem gegen GBM zu mobilisieren, zu ebnen“, fügt Dr. Simone Niclou, eine weitere leitende Mitautorin der Studie, hinzu.  

Diese Studie wurde am 09.10.2022 in „Allergy“, dem European Journal of Allergy and Clinical Immunology, veröffentlicht. Der vollständige Artikel ist unter dem Titel „Allergic airway inflammation delays glioblastoma progression and reinvigorates systemic and local immunity in mice“ zu finden [10.1111/all.15545]. Ein YouTube-Video, in dem Dr. Poli den Artikel erläutert, steht ebenfalls auf der Website der Zeitschrift zur Verfügung.

Finanzierung und Kooperationen

Diese Studie wurde von Action Lions „Vaincre le Cancer“ und FNRS-Télévie (PDR-TLV 2018 GBModImm und PDR-TLV 2020 ImmoGBM) gefördert.

Über das Luxembourg Institute of Health: Research dedicated to life

Das Luxembourg Institute of Health (LIH) ist ein öffentliches biomedizinisches Forschungsinstitut, das sich auf Präzisionsmedizin ausrichtet, mit dem Ziel eine führende Referenz in Europa für die Umsetzung wissenschaftlicher Spitzenleistungen in einen greifbaren Nutzen für Patienten zu werden.

Das LIH stellt den Patienten in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten. Angetrieben von der gemeinschaftlichen Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, sollen Wissen und Technologien, die aus der Forschung an patienteneigenen Daten stammen, genutzt werden, um einen direkten Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung zu haben. Seine engagierten Teams aus multidisziplinären Forschern streben nach Exzellenz und generieren relevantes Wissen im Zusammenhang mit immunbezogenen Krankheiten und Krebs.

Das Institut setzt auf Kooperation, zukunftsweisende Technologien und Prozessinnovationen als einzigartige Möglichkeiten zur Verbesserung der Anwendung von Diagnostika und Therapeutika mit dem langfristigen Ziel, Krankheiten vorzubeugen.

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